Heute wird Stofflöwe Emma wiedersehen

Als ich aufwache und meine Augen öffne, sitzt Hilde an meinem Bett. „Psssst“ flüstert sie, als ich meine Pfote reflexartig aus ihrer Hand ziehe. „Du bist gestern beim Essen vor Erschöpfung eingeschlafen. Toni hat mir geholfen, dich hier ins Bett zu legen.“ erklärt Hilde weiter. Ich schaue sie weiter mit großen Kulleraugen an. Hilde kichert leise und meint dann: „Heute ist der große Tag. Du wirst Emma wiedersehen. Fühlst du dich schon ausgeschlafen genug, um zu frühstücken? Ich würde gerne mit dir über den morgigen Tag sprechen. Du hast bestimmt viele Fragen.“ Ich nicke stumm und stehe langsam auf.

Hilde begleitet mich vor Rosi’s Bau. Wir haben gerade ein Plätzchen in der Sonne gesucht, da stehen auch schon die ersten Heinzel-Möhren bei uns und bringen uns unser Frühstück. „Greif zu!“ ermutigt mich Hilde. „Also, während du isst, kann ich ja mal anfangen zu erzählen. Einige deiner Fragen kann ich dir sicher damit schon beantworten.“ Hilde lehnt sich kurz zurück und schließt die Augen. Dann holt sie tief Luft und beginnt.

„Wie du weißt, bin ich ja für die Belange unseres schönen Waldes hier zuständig. Da der Wald recht groß ist, reise ich von Zeit zu Zeit in die verschiedenen Winkel, um mir vor ein genaues Bild machen zu können. Oder in einigen Fällen vor Ort direkt zu helfen. Dafür stehen mir kleine Häuschen in der Nähe des Waldes zur Verfügung. Wenn wir gleich starten wird Toni also die Route zu dem kleinen Häuschen hier in der Nähe aufnehmen. Dies steht zum Glück in direkten Nachbarschaft zu Emma’s Elternhaus. Sobald Emma aus dem Kindergarten zurückkehrt, können wir beide uns gern auf den Weg zu ihr machen.“

An dieser Stelle kann ich meine ganzen Fragen nicht zurückhalten und sprudel mit der ersten Frage gleich los „Aber was werden die Leute sagen, wenn sie dich sehen?“ „Ach, mach dir darüber keine Sorgen. Die Leute kennen mich schon seit Jahren. Für sie bin ich eine ältere Dame, die viel auf Reisen ist und die sie nun wiedersehen. Ich falle nicht weiter auf.“ antwortet Hilde gelassen. „Und was ist mit Toni und Uff und den anderen?“ frage ich weiter. „Werden die Menschen einen sprechenden Uhu und eine Heinzel-Möhre nicht seltsam finden?“ „Nein, mach dir auch darüber keine Sorgen. Die Menschen sehen, was sie sehen wollen. Beide sind für sie ganz normale Menschen, die mich auf meinen Reisen begleiten. So als wären sie mein Sekretär oder Butler.“ antwortet Hilde erneut gelassen.

„Und was wird aus Rosi?“ frage ich und habe etwas Angst vor der Antwort. „Das können wir sie doch gleich selbst fragen.“ meint Hilde und schaut in Richtung Eingang des Baus. Als ich aufschaue sehe ich Rosi, wie sie vorm Eingang ihres Baus steht und sich streckt und räkelt. Sie muss auch gerade eben erst aufgestanden sein. Nun hat sie uns auch entdeckt und kommt auf uns zu.

„Störe ich euch?“ fragt sie uns, als sie uns erreicht. „Nein, gar nicht. Wir sprachen gerade über das heutige Wiedersehen mit Emma und über dich“ antwortet Hilde und klopft neben sich auf den Platz. „Komm, setz dich.“ Rosi setzt sich und fragt „Ihr habt auch über mich gesprochen?“ „Ja, Stofflöwe fragte, was aus dir wird, wenn wir nach dem Frühstück weiterreisen.“ sagt Hilde „Wie hast du dich entschieden? Willst du hier bleiben oder kommst du mit?“

„Naja, es ist schön wieder zu Hause zu sein.“ antwortet Rosi nachdenklich „Und mein Bau ist jetzt um einiges komfortabler als vorher. Vielen Dank dafür. Aber ich möchte trotzdem mit euch weiterreisen. Ihr seid mir ans Herz gewachsen und hier bin ich doch sehr alleine.“ Nun hält mich nichts mehr auf meinem Platz und ich falle Rosi um den Hals. Vor Freude kann ich gar nicht sprechen, drücke dafür aber fester zu. Rosi fängt leicht an zu röcheln und versucht meine Umarmung zu lösen. „Halt, halt. Ich bekomme ja fast keine Luft mehr.“ lacht sie. Ich löse leicht meine Umarmung, lasse sie jedoch nicht ganz los. Dafür lächel ich sie jedoch dankbar an.

„Gut. So sei es.“ nickt Hilde und lächelt „Wenn wir das Häuschen erreichen, werden die Heinzel-Möhren alles vorbereitet haben. Wie versprochen, werden sie in den nächsten Tagen mit dir zusammen dort einen neuen Bau für dich erstellen. So kannst du auch nach meiner Abreise weiterhin in Stofflöwe’s Nähe wohnen und ihr könnt euch weiterhin sehen. Aber bedenke: Für die Menschen bist du weiterhin ein Honigdachs. Das kann ich leider noch nicht ändern.“ „Ach, dass ist schon in Ordnung. Ich fühle mich als Honigdachs recht wohl und mit den Menschen komme ich schon zurecht.“ antwortet Rosi erfreut. Ich kann mein Glück gar nicht fassen. Rosi bleibt bei mir und heute Nachmittag schon werde ich Emma wiedersehen.

Fortsetzung folgt …